125 Jahre ICN: Pflegefachpersonen prägen die Zukunft der Gesundheitsversorgung
Der Pflegeberuf steht vor weitreichenden Herausforderungen, und das International Council of Nurses (ICN) spielt seit 125 Jahren eine zentrale Rolle in der globalen Vertretung der Interessen von Pflegefachpersonen. Anlässlich dieses Jubiläums trafen sich Mitglieder und politische Vertreter kürzlich zu einer Konferenz in Bukarest unter dem Motto „Nursing Legacy: ICN at 125 – celebrating, recognizing and shaping our collective future“. Die Teilnehmer:innen der Konferenz diskutierten über zukünftige Maßnahmen, die den Pflegeberuf und die globale Gesundheitsversorgung nachhaltig stärken sollen.
Das ICN wurde 1899 inmitten der Frauenwahlrechtsbewegung gegründet und hat sich seitdem als globale Stimme für mehr als 28 Millionen Pflegefachpersonen etabliert. Mit seinem Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen, die Weiterentwicklung von Professionalität und Bildung sowie die Förderung ethischer Pflegepraktiken hat der ICN die Qualität der Pflege maßgeblich beeinflusst. Auch die Patientenversorgung weltweit wurde durch die Arbeit des ICN entscheidend verbessert.
ICN-Präsidentin Dr. Pamela Cipriano hob in ihrer Ansprache die Rolle der Pflege in Zeiten von Kriegen und Friedenssicherung hervor und betonte die Wichtigkeit von Pflegefachpersonen in der Pandemievorsorge. In diesem Sinne sei der ICN nicht nur für Pflegefachpersonen selbst, sondern für die globale Gesundheitsversorgung von enormer Bedeutung.
Die Erklärung von Bukarest 2024: Gemeinsam die Zukunft der Pflege gestalten
Ein zentrales Ergebnis der ICN-Konferenz in Bukarest war die „Declaration on the Future of Nursing: Bucharest 2024“. Diese hebt die Bedeutung der Pflege als Grundpfeiler der Gesundheitsversorgung hervor und betont die Notwendigkeit gezielter öffentlicher Investitionen. Die Inhalte der Erklärung fokussieren sich unteranderem auf:
Stärkere Investitionen in Pflegefachpersonen und Gesundheitssysteme
Die Pflege bedarf umfassender Unterstützung durch finanzielle Mittel und Ressourcen, um die Anzahl und Ausbildung von Pflegefachpersonen weltweit zu sichern. Nur durch gezielte Investitionen können Gesundheitssysteme gestärkt und ausreichend Pflegefachpersonen in primärer und spezialisierter Gesundheitsversorgung integriert werden. Pflege wird hier als gesellschaftliche Investition betrachtet, die sowohl das Wohl von Patient als auch das Arbeitsumfeld der Pflegefachpersonen stärkt.
Qualität und Nachhaltigkeit in der Pflege
Die ICN-Deklaration fordert Richtlinien, die nicht nur hohe Pflegequalität garantieren, sondern auch nachhaltige, umweltbewusste Arbeitsweisen fördern. Pflegefachpersonen sollen dazu befähigt werden, ressourcenschonend und umweltbewusst zu arbeiten. Um Pflegefachpersonen in stressreichen und risikoreichen Umgebungen wie Notaufnahmen und Intensivstationen bestmöglich zu unterstützen, fordert der ICN zudem verbesserte Ressourcen und Zugang zu mentaler Gesundheitsunterstützung.
Die Rolle der Pflegefachpersonen in Krisen und bei globalen Gesundheitsherausforderungen
Die Verantwortung von Pflegefachpersonen reicht weit über den Klinikalltag hinaus. In humanitären Krisen wie Naturkatastrophen, Konfliktgebieten und Flüchtlingscamps ist ihre Arbeit unverzichtbar. Die ICN-Deklaration betont die Notwendigkeit kultursensibler Schulungen und der Bereitstellung ausreichender Ressourcen. Pflegefachpersonen sollen optimal für den Einsatz in Krisengebieten und beim Umgang mit den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet sein.
Strategische Personalplanung und langfristige Berufsbildung
Eine der drängendsten Herausforderungen für das Gesundheitswesen ist der akute Fachkräftemangel in der Pflege. Die ICN fordert eine strategische Personalplanung, um dem weltweiten Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal gerecht zu werden. Diese Planung beinhaltet den Ausbau der Berufsbildung und die Förderung nachhaltiger Arbeitsbedingungen, damit der Pflegeberuf auch in Zukunft für Nachwuchskräfte attraktiv bleibt.
Die Diskussion um eine Bundespflegekammer: Chancen und Rahmenbedingungen
Auch in Deutschland wird weiter intensiv über die Zukunft der Pflege diskutiert. Ein aktueller Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages beleuchtet die Möglichkeit einer Bundespflegekammer sowie eines verpflichtenden Berufsregisters für Pflegefachpersonen. Dieser Bericht wurde auf Anfrage von Janosch Dahmen, dem gesundheitspolitischen Sprecher der Grünen, erstellt und bringt die Pflegekompetenz in den Fokus zukünftiger Gesetzesinitiativen.
Perspektiven für eine Bundespflegekammer
Die Einrichtung einer Bundespflegekammer könnte den Pflegeberuf auf eine neue Ebene heben, indem sie als zentrales Gremium für Qualitätssicherung und berufliche Fortbildung fungiert. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages bestätigt, dass der Bund in bestimmten Bereichen, wie dem Heilberuferecht und der Weiterbildung, Regelungen zur Einrichtung einer Kammer erlassen könnte. Eine endgültige Entscheidung über die Gründung einer Kammer obliegt jedoch den einzelnen Bundesländern.
Berufsregister zur Qualitätssicherung
Ein bundesweites, verpflichtendes Berufsregister für Pflegefachpersonen könnte die Qualität der Pflege fördern und die professionelle Weiterentwicklung der Pflege stärken. Durch eine systematische Erfassung aller Pflegefachpersonen in Deutschland könnten Kompetenzen und Qualifikationen transparent und überprüfbar gemacht werden. Dies würde nicht nur die Qualitätssicherung im Pflegebereich unterstützen, sondern auch zur Anerkennung und zum Schutz des Berufs beitragen.
Rechtliche Grenzen der Bundeskompetenz
Trotz möglicher Vorteile ist die Einrichtung einer Pflegekammer auf Bundesebene rechtlich eingeschränkt. Zwar könnte der Bund Regelungen zu Fortbildungen und Qualitätsstandards erlassen, doch eine verpflichtende Mitgliedschaft in einer Kammer fällt in den Bereich des Standesrechts und ist daher Ländersache. Dies macht die bundesweite Einführung einer Pflegekammer komplex, da sie mit bestehenden Strukturen der Länder harmonieren müsste.
Und was es sonst so Neues gibt...
Akademisierung und interprofessionelle Zusammenarbeit als Zukunftsmodell
Eine wichtige Forderung der Deutschen Hochschulmedizin ist die Akademisierung der Pflegeberufe und die Förderung einer interprofessionellen Zusammenarbeit. Professor Matthias Frosch, Präsident des Medizinischen Fakultätentags, bezeichnet akademisierte Gesundheitsberufe als Schlüssel zu nachhaltiger, hochwertiger Patientenversorgung. Die Akademisierung stattet Pflegefachpersonen mit wertvollen wissenschaftlichen und praktischen Kompetenzen aus, die eine eigenständige und verantwortungsvolle Patientenversorgung ermöglichen.
Derzeit beträgt die Akademisierungsquote der Pflegeberufe in Deutschland jedoch nur etwa 2,5 Prozent. Eine klare Kompetenzübertragung und die gezielte Ausbildung von Pflegefachpersonen sind daher entscheidend, um auf komplexe gesundheitliche Herausforderungen effektiv reagieren zu können. Pflegefachpersonen sollen die Möglichkeit haben, sich spezialisierte Kenntnisse anzueignen und sich aktiv in die Gestaltung der Gesundheitsversorgung einzubringen.
Shownotes:
- ICN: 125 Jahre Jubiläum (icn.ch)
- Declaration of Bucharest (PDF) (icn.ch)
- Pflegekammern und Beruferegister (WDdB) (PDF) (bundestag.de)
- Zukunft der Gesundheitsfachberufe (medizinische-fakultaeten.de)
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